Katalogisieren von Medienkunst
Die Stadt Düsseldorf hat 2006 die Stiftung imai (inter media art institute) zur Pflege einer erworbenen Videosammlung gegründet. Das Archiv umfasst rund 3.000 Werke der Medienkunst und ermöglicht einen Überblick über deren Geschichte von den 1970er Jahren bis heute. Die vorrangige Aufgabe der Stiftung imai ist, die Sammlung zu sichern, zu konservieren und zu katalogisieren – insbesondere da der Bestand stetig um neue Werke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler vergrößert wird.
Herausforderungen
2016 hat die Stiftung imai ein 2-jähriges Archivierungsprojekt ins Leben gerufen, welches vom Landschaftsverband Rheinland finanziert wurde und zur Aufgabe hatte, die Medienkunstsammlung zu konservieren und zu katalogisieren. „Das Katalogisieren von Medienkunst unterscheidet sich in hohem Maße vom Katalogisieren anderer Objekte“, erklärt Hiroko Kimura-Myokam, Mitarbeiterin im Projekt Langzeitarchivierung. „Für ein Gemälde erstellt man einen Objektdatensatz. Bei Medienkunst jedoch veralten die Materialien und zersetzen sich, so dass für ein Werk mehrere Teile in unterschiedlichen Formaten katalogisiert werden müssen. Hierbei handelt es sich nicht ausschließlich um physische Objekte und nicht alle Teile sind Sammlungsobjekte.“ Das Team der Stiftung imai brauchte eine Lösung, um – ohne unnötige komplizierte Arbeitsabläufe – seine Sammlung zu sichern und gewissenhaft katalogisieren zu können.
Ein früheres Digitalisierungsprojekt aus dem Jahr 2003 sorgte für zusätzliche Komplikationen, da die damals erstellten Sicherungskopien der Videos im Digital Betacam und mp2-Format in der Zwischenzeit technisch überholt waren. Hiroko erklärt hierzu: „Das Depot und der Server waren überfüllt mit doppelten Bändern und Dateien der Ein-Kanal-Videoarbeiten. Diese Dateien hatten sich nach unserem zweiten Digitalisierungsprojekt erübrigt.“ Ab 2016 arbeitete das Team mit einer Digitalisierungsfirma, um für jedes Werk drei neue digitale Dateien zu erzeugen: eine Archivdatei, eine Vorschaudatei und eine „Mezzanine“-Datei, von der als digitale Masterdatei zusätzliche Sichtungskopien angefertigt werden können. Nach der Digitalisierung hat das Team die Geschichte der Werke und beider Digitalisierungprojekte dokumentiert.
Das Projekt
Nachdem sie das neue digitale Archiv geschaffen hatten, planten die Mitarbeiter den Katalogisierungsprozess, indem sie zwischen Videos als Werk bzw. Sammlungsobjekt und der zum Abspielen benötigten Videotechnik differenzierten. Hiroko führt zu den Sammlungsobjekten weiter aus: „Das imai stellt die Werke nicht permanent aus. Dies bedeutete, dass wir die ein- und mehrkanaligen Medienkunstwerke nur dokumentieren mussten, nicht aber die Technik, die zum Abspielen in der Sammlung benötigt würde.“ Das Entwickeln einer Strategie zur Dokumentation der Medienkunst half dabei, ein System zu schaffen, mit dem die gesamte Sammlung erfasst werden konnte, obwohl Hiroko wusste, dass es weitere Herausforderungen geben würde. „Das größte Problem war, wie wir die Kopien und den weiteren Verlauf der Datenmigration in unserer Datenbank beschreiben sollten.“
Nachdem die Stiftung imai dem Datenbankverbund der Düsseldorfer Museen und Archive – (d:kult) – beigetreten war, begann sie, für ihre Sammlungsverwaltung The Museum System (TMS) zu nutzen. „Vorher war es sehr kompliziert, alle Details zu den vielen Bändern und Sicherungskopien unserer Medienkunstsammlung zu katalogisieren“, erinnert sich Hiroko. Nach sorgfältiger Überlegung nutzte Hirokos Team Abteilungen und Flexfelder von TMS, um exakt die Informationen einzupflegen, die sie für ihre Datensätze benötigten.
Lösung
Um die Werke umfassend katalogisieren zu können, ohne wichtige Informationen zu den zugehörigen Bändern oder Dateien zu verlieren, hat das imai-Team jeweils einen Eintrag für das Werk, einen für das physische Objekt (Band) und einen für die digitale Datei erstellt. Danach schufen sie verschiedene Abteilungen, um die Daten zu strukturieren: für das Werk, das physische Objekt und die digitalen Dateien. Einträge in der Abteilung „Werk“ enthalten grundlegende Daten zum Werk selbst, „Band“-Einträge beschreiben das physische Speichermedium und „Datei“-Einträge kennzeichnen die digitalen Informationen der Sicherungskopien.
„Es gibt einen technischen Unterschied zwischen den physischen und digitalen Speichermedien. Beide benötigen ihr eigenes Metadaten-Schema. Deshalb haben wir die Dateien in drei verschiedene Kategorien unterteilt,“ sagt Hiroko. „Jede Abteilung hat ein unterschiedliches Dateneingabefeld und steht sowohl für sich als auch in Verknüpfung zu den beiden anderen Abteilungen.“ Hierfür nutze das Team Flexfelder und die Möglichkeit, eigene Eingabeoberflächen (benutzerdefinierte Masken) zu erstellen.
Durch die Verwendung von „Eltern-Kind“-Verknüpfungen und „siehe auch“-Verknüpfungen hat Hirokos Team verwandte Objekteinträge sowie Kopien oder digitalisierte Versionen des Originals miteinander verbunden.
Jeder Eintrag ist einer Abteilung und deren entsprechender Metadaten-Struktur zugeordnet. Da in jeder Abteilung unterschiedliche Daten einzugeben sind, hilft die Zuordnung in Abteilungen dabei, die Flexfelder für jeden Eintrag zu automatisieren. Auf diese Weise müssen die Eingabefelder nicht für jeden neuen Eintrag angepasst werden, sondern sind ganz einfach verfügbar, sobald ein Eintrag einer bestimmten Abteilung zugeordnet wird.
Eingabefelder in den Abteilungen Werk und Band sowie deren Verknüpfungen in der hierarchischen Anzeige
Zusätzlich zu den Objekten der Langzeitarchivierung hat die Stiftung imai auch einen ähnlichen Prozess genutzt, um Verbindungen zwischen einzelnen Werken der Medienkunst herzustellen: Werke mit mehreren Versionen, Arbeiten, die Teil einer Serie oder Trilogie sind, und solche, die Teil einer Kompilation sind. Hiroko erklärt: „Wenn das Werk einer Trilogie oder Serie angehört, sind der Haupttitel und die drei Teile durch die Eltern-Kind-Verknüpfungen verlinkt. Auch bei Kompilationen wenden wir dieses Prinzip an.“
Wenn Varianten von Werken katalogisiert werden, ist der Prozess etwas anders. „Wir verbuchen Varianten wie Lang- oder Kurzversionen, unterschiedliche Sprachen usw. als unterschiedliche Werke,“ beschreibt Hiroko. „Es kann schwierig werden, wenn es darum geht zu entscheiden, welches Werk das Hauptwerk ist. Daher werden Varianten als „siehe auch“- Verbindungen verlinkt, und nicht als Eltern-Kind-Verknüpfungen.“
Hirokos Team und die Stiftung imai haben lange an der Entwicklung eines passenden Systems zur Archivierung ihrer Medienkunst gearbeitet. Die Hauptaufgabe, die Sammlung zu digitalisieren und katalogisieren,ist nahezu beendet, und Hiroko ist gespannt, welche Aufgaben als nächstes auf sie und ihr Team zukommen werden. Sie berichtet uns: „Der nächste Schritt ist, Archivmaterialien zu verknüpfen, die mit den bereits erfassten Datenbankeinträgen zusammenhängen. Dazu gehört unter anderem zusätzliches Material wie Standbilder, Künstlerverträge, Berichte zum Stand der Konservierung und der Qualitätskontrolle.“ Hirokos Team wird sein Hauptaugenmerk auf den Ausbau des Online-Videoarchivs legen und weitere Recherchematerialien auf der Onlineplattform zur Verfügung stellen. Das Team möchte zukünftig auch die Integration von Suchkriterien und Schlagworten auf seiner Onlineplattform vorantreiben. „Wir haben ein Schlagwortfeld in der „Werk“-Abteilung hinzugefügt, um diese in den digitalen Katalog exportieren zu können,“ sagt Hiroko. Ihr Team hofft, dass die von ihnen bereits geleistete Arbeit anderen Museen als Modell helfen und zu einem konstruktiven Dialog über den Umgang mit Medienkunst und anderen komplexen Sammlungsobjekten führen wird.
Sammlungsübersicht
- Sammlungsobjekte: 3.000
Vorteil
- Ein System, welches Medienkunst dokumentiert und die Daten für die Zukunft erhält
- Effizientes Nutzen von Speicherplatz
- Erhaltung der Daten für die Zukunft
- Effiziente Arbeitsabläufe
- Verbesserter Zugang zu Medien und Informationen
Produkte
- The Museum System (TMS)
Projekt Team
- Dr. Renate Buschmann (Leitung)
- Hiroko Kimura-Myokam (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)
- Michalis Nicolaides (Wissenschaftlicher Mitarbeiter)
- Angelika Gwozdz (Assistentin)
- Jessica Gilles (Assistentin)
- Hanna Koch (Assistentin)
- Nora Krause (d:kult)